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Der Suhrkamp Verlag ist ein deutsches Verlagshaus, das 1950 gegründet wurde und allgemein als einer der führenden europäischen Verlage für anspruchsvolle Literatur anerkannt ist. Seine Wurzeln gehen auf den S. Fischer Verlag zurück, der in den 1930er Jahren „arisiert“ wurde. Im Januar 2010 wurde der Sitz des Unternehmens von Frankfurt nach Berlin verlegt. Nach einem langjährigen Rechtsstreit zwischen den Eigentümern kam es 2013 zunächst zu einem Insolvenzverfahren und 2014 zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (AG).

Heute umfasst das Unternehmen eine Verlagsgruppe, zu der – neben Suhrkamp – der Insel Verlag, der Deutsche Klassiker Verlag, der Jüdische Verlag, der Verlag der Weltreligionen und der hauseigene Theaterverlag gehören.

Inhalt

Programm

Bibliothek Suhrkamp

Die Bibliothek Suhrkamp ist eine Bibliothek der Klassiker der Moderne, mit einer Backlist von 1.300 Titeln. Seit 1951 sind hier die bedeutendsten nationalen und internationalen Autoren des letzten Jahrhunderts vertreten, beispielsweise Ingeborg Bachmann, T.S. Eliot, Carlo Emilio Gadda, Jean-Paul Sartre, Federico García Lorca, André Gide, Ernest Hemingway, Paul Valéry, Yasushi Inoue, James Joyce, Franz Kafka, Wladimir Majakowski oder Thomas Mann. Von 1951 bis 1959 erschienen jährlich sechs Titel innerhalb der Reihe, nach Suhrkamps Tod wurden jeden Monat gleich mehrere Bände auf einmal vorgelegt. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums 1989 veröffentlichte Siegfried Unseld eine Bibliographie der ersten 1000 Bände und ein Lesebuch, das er mit einer Kleinen Geschichte der Bibliothek Suhrkamp einleitete.

edition suhrkamp

Das Ziel der edition suhrkamp („es“) war von Anfang an, sich literarischen Experimenten zu öffnen und ein Sammelpunkt für die nationale wie internationale Avantgarde zu sein. Auch sollten hier Theorien veröffentlicht und kritisch hinterfragt werden. Band eins der edition suhrkamp war 1963 Bertolt Brechts Stück Leben des Galilei, seither erschienen vorwiegend Erstauflagen. In den 1960ern und 1970ern wurden etwa Werke von Samuel Beckett, Walter Benjamin, Ernst Bloch, Hans Magnus Enzensberger, Peter Handke, Alexander Kluge, Peter Weiss oder Ludwig Wittgenstein herausgeben. Zwar waren die preiswerten Taschenbücher ökonomisch gesehen zunächst ein Verlustgeschäft, doch das damit verbundene Ansehen wog um ein Vielfaches schwerer. Andere Editionen wie die Hesse- und Brecht-Ausgaben erwiesen sich dagegen als langanhaltende Verkaufsschlager – im Buchhandel Longseller genannt –, mit denen Unseld seine Prestige- und Herzenssachen gegenfinanzieren konnte.

suhrkamp taschenbuch

Seit 1971 erscheinen die suhrkamp taschenbücher, wo neben Erstveröffentlichungen auch erfolgreiche Suhrkamptitel verlegt werden. Die Taschenbuchreihe, in der bis heute über 3100 Titel publiziert wurden, startete mit Becketts Warten auf Godot. Die höchsten Auflagen erreichten Frischs Homo Faber und Andorra, gefolgt von Hesses Steppenwolf und Siddhartha. Innerhalb der Reihe existierte zusätzlich die Phantastische Bibliothek mit rund 360 eigens nummerierten Bänden, herausgegeben von 1976 bis 1998 von Franz Rottensteiner. Hier wurden bedeutende Autoren aus dem Bereich Phantastik und Science-Fiction oft erstmals dem deutschen Markt zugänglich gemacht, wie Stanislaw Lem, James Graham Ballard, Cordwainer Smith, H.P. Lovecraft, Jonathan Carroll und die Gebrüder Strugazki. Auch deutsche Autoren wurden hier verlegt, wie Günter Braun und Johanna Braun, Herbert W. Franke und Marcus Hammerschmitt. Im Mai 1996 wurde die Subreihe Romane des Jahrhunderts eröffnet, in der die „Besten der Besten“ erscheinen sollen, etwa Ulysses von James Joyce oder Franz Kafkas Romanfragment Das Schloss.

suhrkamp taschenbuch wissenschaft

Die Reihe suhrkamp taschenbuch wissenschaft (bisher erschienen ca. 1.360 Titel) wurde 1973 ins Leben gerufen und bildet thematisch die geisteswissenschaftlichen Schwerpunkte des Verlagsprogramms ab. Neben philosophischen Werken werden Theorien zur Soziologie, Wissenschaftsforschung, Linguistik, Semiotik, Psychologie, Rechtswissenschaft und Kulturgeschichte vorgestellt. Während einige Bände zentrale Werke des wissenschaftlichen Programms aufgreifen, präsentiert der überwiegende Teil Erstausgaben. Hauptanliegen der Serie ist es, für ein breites Spektrum an Theorieansätzen ein Diskussionsforum darzustellen, in dem unterschiedliche sowie konkurrierende Modelle vorgestellt werden. Neben zeitgenössischen Autoren und Theoretikern des 20. Jahrhunderts werden hier auch Klassiker veröffentlicht, wie das Gesamtwerk Hegels in 20 Bänden.

edition unseld

Die Reihe edition unseld, die sich dem Dialog von Natur- und Geisteswissenschaften verschrieben hat, startete im Frühjahr 2008 mit acht Titeln und Autoren wie Wolf Singer, Josef H. Reichholf und Durs Grünbein. In der Reihe erscheinen nun pro Halbjahr sechs Taschenbücher zum Preis von je zehn bis vierzehn Euro, mit höchstens 160 Seiten in bis 10.000 Exemplaren. Als Programmleiter fungiert Hans-Joachim Simm, der auch für die 2007 begonnene Folge Weltreligionen verantwortlich ist. Seit Mai 2008 erscheinen zudem unseld lectures an der Universität Tübingen.

filmedition suhrkamp

Das erste Programm der filmedition suhrkamp erschien 2009. Kooperationspartner ist der Berliner Filmverlag absolut Medien, der Klassikereditionen, Literaturverfilmungen und Porträts von Künstlern und Denkern herausgibt. Die neue Reihe bietet Filme von, mit und über Samuel Beckett, Thomas Bernhard, Pierre Bourdieu, Thomas Brasch, Bertolt Brecht, Jacques Derrida, Marguerite Duras, Max Frisch, Peter Handke, Ödön von Horvath, Uwe Johnson, Alexander Kluge, Robert Walser, Peter Weiss und anderen. Neben klassischen Inszenierungen und Verfilmungen erscheinen auch Portraits und Interviews mit Philosophen und Wissenschaftlern. Umfangreiche booklets ergänzen die DVDs.

Geschichte

Peter Suhrkamp (1891 - 1959) begann seine verlegerische Laufbahn 1933 im S. Fischer Verlag, wo er zunächst als Redaktionsleiter der Neuen Rundschau arbeitete. Bald wurde er Vorstandsmitglied.

Als im Dritten Reich die Zensur den S. Fischer Verlag, zu dessen Autoren auch viele regimekritische Schriftsteller zählten, in seiner Existenz gefährdete, schloss Gottfried Bermann Fischer 1935 mit dem Propagandaministerium ein Abkommen, gemäß dem er mit den regimekritischen Publikationen ins Ausland ging, während Peter Suhrkamp den Teil des Verlages mit den Autoren, die in Deutschland weiterhin erscheinen durften, treuhänderisch übernahm.

In den folgenden acht Jahren leitete er den Verlag weiter, bis er 1944 von der Gestapo verhaftet, zum Tode verurteilt und in ein Konzentrationslager eingeliefert wurde. Man entließ ihn jedoch im Februar 1945, und Peter Suhrkamp überlebte das Martyrium.

Am 8. Oktober 1945 erhielt er als erster deutscher Verleger von den britischen Militärbehörden die Erlaubnis zur Eröffnung eines Buchverlags. Nach Auseinandersetzungen mit den Erben von S. Fischer gründete Suhrkamp schließlich am 1. Juli 1950 auf Anregung von Hermann Hesse sein eigenes Unternehmen. Von den 48 Autoren, deren Werke er während des Nationalsozialismus herausgab, entschieden sich 33 für eine Zusammenarbeit mit ihm. Darunter fanden sich – neben Hesse – Autoren, wie Rudolf Alexander Schröder, T. S. Eliot, George Bernard Shaw und Hermann Kasack. Bereits ein Jahr später wurde die erste Reihe des Hauses ins Leben gerufen, die Bibliothek Suhrkamp, in der bis heute Klassiker der Moderne erscheinen.

Zwei Jahre nach der Gründung des Betriebes, der mittlerweile ca. 100 lieferbare Titel und sechs Mitarbeiter zählte, trat Siegfried Unseld (1924 - 2002) in den Verlag ein. 1957 wurde er persönlich haftender Gesellschafter, und als Peter Suhrkamp 1959 starb, nahm Unseld seine Nachfolge an. Der Verlag publizierte von Beginn an deutschsprachige und internationale Literatur des 20. Jahrhunderts sowie Geisteswissenschaften, die theoretisch und ästhetisch eine conditio humana repräsentierten. Dabei ging es Suhrkamp immer darum, den Autor an sich und nicht die einzelnen Bücher zu fördern. Außerdem war (und ist) die Entdeckung neuer und junger Autoren sowie deren Durchsetzung bei Lesern und Kritikern eines der vorrangigen Ziele des Unternehmens.

Literatur