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Untenrum frei (2016) ist das Debüt der Kolumnistin Margarete Stokowski über das Aufwachsen eines Mädchens in Deutschland (250 Seiten).

Fazit

In dem Buch geht es um Gleichberechtigung, Sexismus, Feminismus, manifestierte Rollenbilder und zugleich beschreibt die Autorin ihr eigenes Erwachsenwerden mit persönlichen Erfahrungen. Ziel des Buches ist es, auf die "Missstände" in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen und zum Nachdenken anzuregen.
Zunächst gibt es eine ausführliche Standortbestimmung und anschließend einen knappen Ausblick / Lösungsvorschläge.

Der Schreibstil ist eloquent, leicht & humorvoll im Ton aber auch teilweise schonungslos und vulgär. Die Autorin trifft mit ihrer Sprache und ihrem Erzählstil den Zeitgeist des heutigen Feminismus.

Zitate

Ich versuche, möglichst hoch zu sprechen. Ich piepe, damit man merkt, dass ich ein Mädchen bin; das habe ich mir überlegt, als Trick, damit die Leute das checken. […] In echt klinge ich vermutlich wie ein Hamster, um den man langsam die Faust schließt. Das ist albern. (Seite 26)

Etwa ein Jahr später weiß ich immer noch sehr wenig über Sex, aber das Schlimme ist, dass ich denke, ich wäre ganz gut im Bilde, und zwar, weil ich Unmengen an Jugend- und Mädchenzeitschriften komsumiere: Bravo, Bravo Girl, Mädchen, Popcorn, Sugar, Pop Rocky, Young Miss, ich lese sie alle. (Seite 62)

Jugendlichen beizubringen, dass sie ihren Körper sexy tricksen müssen, indem sie sich Socken in den BH stopfen, halte ich für ein Verbrechen. Natürlich tun Jugendliche solche Sachen. Aber ihnen auch noch zu erklären, dass das gut ist und ein wirklich schlauer Trick, das ist falsch. Es ist zutiefst falsch. (Seite 66)

Am Hochstapler Syndrom leiden Frauen viel häufiger als Männer. Egal, welche Erfolge sie erzielen, stets haben die Betroffenen Angst, es könnte rauskommen, dass sie nichts davon verdient haben und in Wirklichkeit komplette Loser sind. (Seite 106)

Die Schule wäre einer der Orte, an dem man jungen Menschen beibringen könnte, nach innen ihre Grenzen zu wahren und nach außen Hilfe zu suchen. Bis ich Mitte zwanzig war, hatte ich keine Ahnung, ab wann etwas ein Übergriff ist, den man sich nicht gefallen lassen muss. Ich hatte es schlicht nie gelernt und kam auch nicht auf die Idee, dass mir Informationen fehlten. (Seite 124)

Ich rede mir ein, dass alles gut ist, dass dieser Vorfall in der Nacht kein besonders krasser Fall war – ich wurde nicht verletzt, es waren nur wenige scheußliche Minuten und ich ging am Tag danach ganz normal zur Uni und arbeiten. Aber ich fühle, dass es ein riesiges Problem gibt, dessen Ausmaße ich gerade erst anfange zu verstehen. (Seite 157)

Es mag diese unangenehme Situationen geben, in denen es das Einfachste ist, nichts zu sagen. Ich mache das selber auch oft genug. Wir alle müsse unsere Kraft einteilen, aber auf Dauer bringt weglächeln nichts. Mir ist kein einziger Fall in der Weltgeschichte bekannt, in dem ein schweigendes Lächeln eine Ungerechtigkeit abgeschafft hätte. (Seite 192)

Autorin

Margarete Stokowski (* 1986 in Zabrze, Polen) ist eine polnisch-deutsche Schriftstellerin und Essayistin. 1988 zog ihre Familie mit ihr nach Berlin-Neukölln, wo sie aufwuchs. Ihr Vater ist Physiker, ihre Mutter Psychologin. Sie studierte Philosophie und Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und schloss das Studium im Jahr 2014 mit einer Arbeit über Simone de Beauvoir ab.

Am bekanntesten ist sie für ihre wöchentlichen Essays für das Magazin Spiegel Online, in denen sie über den aktuellen Stand des Feminismus in Deutschland schreibt. Die Klickzahlen ihrer Essays erreichen bis zu 900.000. Die Süddeutsche Zeitung konstatierte, sie sei 2019 die "lauteste Stimme des deutschen Feminismus".

Bis zum Juli 2019 hat Stokowski zwei eigene Bücher veröffentlicht, nämlich "Untenrum frei" (2016) und "Die letzten Tage des Patriarchats" (2018). Beide Werke waren sehr erfolgreich und erreichten hohe Positionen in den Bestseller-Rankings.