LiebesgedichteLiebesgedichte

Klassische Liebesgedichte

Ich liebe!

Nun mag die Welt in ihren Festen beben,
entfesselt wüten mag das Element; –
denn eine neue Ära tritt ins Leben,
die keinen Haß und keinen Streit mehr kennt!
Durch meine Seele ziehts mit Zauberweben
o! wie’s im Herzen glückverheißend brennt!
Die Pulse fliegen mir, die Lippen beben,
ich fühls, das ist es, was sich Liebe nennt!
Und möge alles rings in nichts versinken,
ich lebe und der Liebe Sterne winken!
(Rainer Maria Rilke, 1875-1936)

Eine Liste: 22 Bücher, die man gelesen haben "muss"

Echte Liebe.

Echte Liebe lauscht dem Chor
Himmlischer Extasen,
Echte Liebe hat kein Ohr
Fürs Gezänk der Basen.

Echte Liebe müht sich nicht
Mängel zu entdecken,
Späht im goldnen Sonnenlicht
Nicht nach Nebelflecken.

Echte Liebe lacht des Scheins,
Den Vernunft geschrieben,
Echte Liebe kennt nur Eins,
Treu und echt zu lieben!
(Josef Mauthner, 1831-1890)

Woher sind wir geboren…

Woher sind wir geboren?
Aus Lieb.
Wie wären wir verloren?
Ohn Lieb.
Was hilft uns überwinden?
Die Lieb.
Kann man auch Liebe finden?
Durch Lieb.
Was läßt nicht lange weinen?
Die Lieb.
Was soll uns stets vereinen?
Die Lieb.
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832)

Das Opfer, das die Liebe bringt

Das Opfer, das die Liebe bringt,
Es ist das teuerste von allen;
Doch wer sein Eigenstes bezwingt,
Dem ist das schönste Los gefallen.
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832)

Die Liebe

Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
Sorgenlos, wie Kinder,
Führt sie uns durchs Leben.
Unser ganzes Leben
Flieht mit ihr geschwinder,
Als uns ohne Liebe
Sonst ein Tag verging!
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!

Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
Muth gibt sie zur Arbeit,
Hilft sie uns verrichten.
Eine Blumenkette
Werden unsre Pflichten,
Und am Thron der Liebe
Hängt der Kette Ring.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!

Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
Unsre Seele hebet
Sich auf ihrem Flügel,
Unsre Seele schwebet,
Neu von ihr belebet,
Ueber Thal und Hügel,
Gleich dem Schmetterling.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
(Friedrich Wilhelm Gotter, 1746-1797)

Lied eines Verliebten

In aller Früh, ach, lang vor Tag,
Weckt mich mein Herz, an dich zu denken,
Da doch gesunde Jugend schlafen mag.

Hell ist mein Aug um Mitternacht,
Heller als frühe Morgenglocken:
Wann hättst du je am Tage mein gedacht?

Wär ich ein Fischer, stünd ich auf,
Trüge mein Netz hinab zum Flusse,
Trüg herzlich froh die Fische zum Verkauf.

In der Mühle, bei Licht, der Müllerknecht
Tummelt sich, alle Gänge klappern;
So rüstig Treiben wär mir eben recht!

Weh, aber ich! o armer Tropf!
Muß auf dem Lager mich müßig grämen,
Ein ungebärdig Mutterkind im Kopf.
(Eduard Mörike, 1804-1874)

Nachtschwärmen

Die alte Pappel schauert sich neigend,
Als habe das Leben sie müde gemacht.
Ich und mein Lieb – hier ruhen wir schweigend –
Und vor uns wallt die drückende Nacht.

Bis sich zwei schöne Gedanken begegnen,
– Dann löst sich der bleierne Wolkenhang.
Goldene, sprühende Funken regnen
Und füllen die Welt mit lustigem Klang.

Ein trüber Nebel ist uns zerronnen.
Ich lege meine in deine Hand.
Mir ist, als hätt ich dich neu gewonnen. –
Und vor uns schimmert ein goldenes Land.
(Joachim Ringelnatz, 1883-1934)

Liebe gibt und nimmt

Liebe
gibt und nimmt
mit unberechnender Einfalt;
Liebe
lebt in der Lust zu erfreun
erfreuende Liebe;
Liebe
liebt das Geringste, getan
mit herzlicher
Liebe!
(Johann Kaspar Lavater, 1741-1801)

Ich liebe dich

Mir ist, als müßt‘ ich immer sagen:
Ich liebe dich,
Und mag nicht auszusprechen wagen:
Ich liebe dich.
Die Maienlüfte säuseln wieder,
Ich lausche hin,
Und alle Blütenzweige klagen:
Ich liebe dich.
Der Sang der Vögel ist erwachet,
Ich lausche hin,
Und alle Nachtigallen schlagen:
Ich liebe dich.
So frag‘ die Lüfte, frag‘ die Blumen,
Die Vögel all,
Vielleicht, daß sie für mich dir sagen:
Ich liebe dich.
Ich wandle fern von dir und habe
Nur einen Trost
In diesen schönen Frühlingstage:
Ich liebe dich.
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874)

Im Rosenbusch die Liebe schlief

Im Rosenbusch die Liebe schlief,
Der Frühling kam, der Frühling rief;
Die Liebe hört’s, die Lieb‘ erwacht,
Schaut aus der Knosp‘ hervor und lacht,
Und denkt, zu zeitig möchte’s halt sein,
Und schläft drum ruhig wieder ein.

Der Frühling aber läßt nicht nach,
Er küßt sie jeden Morgen wach,
Er kos’t mit ihr früh bis spat,
Bis sie ihr Herz geöffnet hat,
Und seine heiße Sehnsucht stillt,
Und jeden Sonnenblick vergilt.
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874)

Ja, du bist mein!

Ja, du bist mein!
Ich will’s dem blauen Himmel sagen,
Ich will’s der dunklen Nacht vertraun,
Ich will’s als frohe Botschaft tragen
Auf Bergeshöhn, durch Heid und Aun.
Die ganze Welt soll Zeuge sein:
Ja, du bist mein!
Und ewig mein!

Ja, du bist mein!
In meinem Herzen sollst du leben,
Sollst haben, was sein Liebstes ist,
Du sollst, von Lieb und Lust umgeben,
Ganz fühlen, daß du glücklich bist.
Schließ mich in deine Arme ein!
Ja, du bist mein!
Und ewig mein!
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874)

Nur liebend ist dein Herz ein Herz

Was ist die Welt, wenn sie mit dir,
durch Liebe nicht verbunden?
Was ist die Welt, wenn du in ihr,
nicht Liebe hast gefunden?
Verklage nicht in deinem Schmerz
des Herzens schönste Triebe.
Nur liebend ist dein Herz ein Herz,
was wär‘ es ohne Liebe?
Wenn du die Liebe nicht gewannst,
wie kannst du es ermessen,
ob du ein Glück gewinnen kannst,
ob du ein Glück besessen?
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874)

Die Liebe lehrt …

Die Liebe lehrt
Mich lieblich reden,
Da Lieblichkeit
Mich lieben lehrte.

Arm bin ich nicht
In Deinen Armen,
Umarmst du mich
Du süße Armut.

Wie reich bin ich
In Deinem Reiche,
Der Liebe Reichtum
Reichst du mir.

O Lieblichkeit!
O reiche Armut!
Umarme mich
In Liebesarmen.
(Clemens Brentano, 1778-1842)

Was ist die Liebe?

O sprich! Was ist die Liebe?
In einem Wort die Welt!
Ein Märchen ohne Ende,
Von Geistermund erzählt;

In einer kleinen Thräne
Ein weiter Ozean,
In einem leisen Seufzer
Ein wirbelnder Orkan;

Der Himmel und die Hölle
In einem einz’gen Blick,
Ein allvernichtend Wehe,
Ein allumfassend Glück;

Ein Blitz in einer Berührung,
Der dich durchzuckt mit Macht,
Dich überselig oder
Dich überelend macht;

Die Gegenwart und Zukunft
In einem Druck der Hand;
In einem einz’gen Kusse
Ein lohender Weltenbrand,

Ein magisches Gewebe
Von Traum und Wirklichkeit,
In einem Augenblicke
Die ganze Ewigkeit;

Ein Meisterroman der Schöpfung,
Des Lebens Poesie, -
Das hohe Lied der Seele,
Die Weltensymphonie;

Ein rätselhaftes Dunkel,
Ein Strahl des Gotteslichts,
Ein Engel und ein Dämon,
Ein Alles und ein Nichts!
(Hermine Cziglérvon Èny-Vecse, 1840-1905)

Meine Liebe

Gold’ner als die Sonne glüht,
Reiner als der Mondenschein,
Schöner als die Rose blüht,
Wohnt die Lieb‘ im Herzen mein.

Wenn der Lenz von dannen zieht,
Nimmt er jede Blüth‘ vom Baum;
Meine Liebe geht nicht mit,
Bleibt ein ew’ger Frühlingstraum.

Und wenn Rosen nicht mehr glüh’n,
Nicht mehr lacht der Mondenschein,
Blumen, die da nicht verblüh’n,
Zaubert sie in’s Herz hinein.
(Marie Eugenie Delle Grazie, 1864-1931)

Du bist wie eine Blume

Du bist wie eine Blume
So hold und schön und rein:
Ich schau‘ dich an, und Wehmut
Schleicht mir ins Herz hinein.

Mir ist, als ob ich die Hände
Aufs Haupt dir legen sollt‘,
Betend, daß Gott dich erhalte
So rein und schön und hold.

(Heinrich Heine, 1797-1856)

An meine kleine Freundin

Wer hätte das gedacht,
das kam wohl über Nacht,
denn als ich aufgewacht,
da warst auf einmal du
mein kleiner Herztyrann.
Sieh‘ doch mal einer an,
was Amor alles kann.
Schon weiß ich, was ich tu,
damit du gnädig bist,
und mich nicht gleich vergisst:
Ich mach‘ dir dies Gedicht.
Ich hoff‘, es ist so schlicht,
so süß und zart wie du.
(Georg Heym, 1887-1912)

Ich bin mir meiner Seele

In Deiner nur bewusst,
Mein Herz kann nimmer ruhen
Als nur an Deiner Brust!
Mein Herz kann nimmer schlagen
als nur für dich allein.
Ich bin so ganz dein eigen,
so ganze auf immer dein.
(Theodor Storm, 1817-1888)

Wer je gelebt in Liebesarmen,
Der kann im Leben nie verarmen;
Und müsst er sterben fern, allein,
Er fühlte noch die sel´ge Stunde,
Wo er gelebt an ihrem Munde,
Und noch im Tode ist sie sein.
(Theodor Storm, 1817-1888)

Liebe

Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
Nach dir sich sehnen macht zum Traum die Zeit,
Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
(Otto Julius Bierbaum, 1865-1910)

Traurige Liebesgedichte

…und jeden Tag

Und jeden Tag denk‘ ich an Dich.
Mein Weinen klingt so bitterlich.
Und jeder Tag ist wie aus Blei.
Der Schmerz um Dich gibt mich nicht frei.
Ich bring‘ Dir Blumen – jeden Tag.
Wie es Dir „dort“ wohl gehen mag?
Dein Name hier auf diesem Stein
er wird niemals das Ende sein…
(Klaus Enser-Schlag)

Erster Verlust

Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene Tage der ersten Liebe,
Ach, wer bringt nur eine Stunde
Jener holden Zeit zurück!

Einsam nähr ich meine Wunde,
Und mit stets erneuter Klage
Traur ich ums verlorne Glück.

Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene holde Zeit zurück!
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832)

Wenn ich in deine Augen seh‘

Wenn ich in deine Augen seh‘,
so schwindet all‘ mein Leid und Weh;
doch wenn ich küsse deinen Mund,
so werd‘ ich ganz und gar gesund.

Wenn ich mich lehn‘ an deine Brust,
kommt’s über mich wie Himmelslust:
doch wenn du sprichst: ich liebe dich!
So muß ich weinen bitterlich.
(Heinrich Heine, 1797-1856)

Aus

Nun geh ich stumm an dem vorbei,
Wo wir einst glücklich waren,
Und träume vor mich hin: Es sei
Alles wie vor zwei Jahren.

Und du bist schön, und du bist gut
Und hast so hohe Beine.
Mir wird so loreley zumut,
Und ich bin doch nicht Heine.

Ich klappe meine Träume zu
Und suche mir eine Freude.
Auf daß ich nicht so falsch wie du
Mein Stückchen Herz vergeude.
(Joachim Ringelnatz, 1883-1934)

Geheime Liebe

Unbeglückt muß ich durchs Leben gehen,
Meine Rechte sind nicht anerkannt;
Aus der Liebe schönem Reich verbannt,
Muß ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!

Nicht die schwache Zunge darf´s gestehen,
Nicht der Blick verstohlen zugesandt,
Was sich eigen hat das Herz ernannt,
Nicht im Seufzer darf´s der Brust entwehen!

Tröstung such´ich bei der fremden Nacht,
Wenn der leere lange Tag vergangen,
Ihr vertrau´ich mein geheim Verlangen;

Ist in Tränen meine Nacht durchwacht,
Und der lange leere Tag kommt wieder,
Still ins Herz steigt meine Liebe nieder.
(Clemens Brentano, 1778-1842)

Wenn Du mich nicht mehr lieben willst…

Wenn Du mich nicht mehr lieben willst,
So geh ich zum Kuppelweibe!
Wenn Du mich nicht mehr lieben willst,
So will ich Dich vergessen –
In wilder toller Brunst –
Bei Wein und Saitenkunst –
Da lieb ich, was ich finde –
Verschwinde nur! Verschwinde –
Wenn Du mich nicht mehr lieben willst.
(Paul Scheerbart, 1863-1915)

Der Liebende seinem Mädchen

Leb wohl Du warst für mich der Sinn der Welt.
Ich sprach sie heilig, weil sie Dich geboren.
Ihr ganzer Wert war nur auf Dich gestellt
und ist mit Dir für immer verloren.
(Christian Morgenstern, 1871-1914)